Letztens habe ich einen gebrauchten HP Compaq Pro 6300 Elite im Small Form Factor Gehäuse bekommen. Nachdem ich die Hardware inspiziert hatte, war mir klar: Daraus lässt sich was machen. Doch beim weiteren Basteln stieß ich auf das ein oder andere Hindernis.
Vorüberlegungen
Der Hardwarecheck ergab:
- Intel i5-3470 @ 3,2 GHz (Quadcore)
- Mainboard mit Intel Q75 Chipsatz, 4 Ram Slots bis 1600 MHz, 16x PCI Express, 4x SATA, USB 3.0
- DVD-Brenner
- 4 GB DDR3 1333 MHz
- Netzteil mit 240 Watt
Aus einem anderen Rechner fand sich schnell eine Gigabyte GTX 950 (Dualslot, leider kein low Profile) sowie eine 500 GB HDD und noch etwas RAM.
Daraus ergaben sich folgende 4 Probleme:
- Die Grafikkarte passt nicht in das Gehäuse
- Das Netzteil hat zu wenig Leistung
- Das Netzteil hat proprietäre Anschlüsse von HP
- Ein anderes Netzteil passt auch nicht ins Gehäuse
Die einfachste Lösung wäre natürlich einfach eine Grafikkarte mit Low Profile Format und max. 75 Watt zu besorgen. Aber mal ehrlich, wo bleibt da die Herausforderung?
Phase 1 – Neues Netzteil für den HP 6300 SFF
Um den PC mit einem normalen ATX-Netzteil zum laufen zu bringen braucht ihr als erstes die Pinbelegungen aller Stecker und Buchsen, da diese teilweise nicht kompatibel zum ATX Standard sind. Nach einer Recherche habe ich diverse Adapter gefunden. Wer lieber etwas fertiges kaufen möchte kann dies gern tun. Ich habe mich aber fürs selber basteln entschieden.
Die Messungen haben ergeben:
Stecker „P2“
- grau: Power OK
- grün: Power ON
- weiß: Tacho für den Netzteillüfter
- weiß/rot: Strom für den Netzteillüfter
Stecker „6 Pin“ (ähnlich wie 6 Pin für Grafikkarten, aber nicht identisch)
- blau: -12 V
- lila: 12 V VSB
- schwarz: Masse
- gelb: 12 V
Stecker „4 Pin“ (CPU)
- schwarz: Masse
- braun: 12 V
Vergleicht man diese nun mit einem ATX Stecker stellt man fest, dass grau, grün, blau, schwarz und gelb gleich sind. Braun entspricht hier ebenfalls gelb und muss nicht weiter beachten werden. Weiß und weiß/rot sind garnicht vorhanden und lila führt 12 V statt 5 V.
Um mir mein ATX-Netzteil zu erhalten habe ich mir bei Amazon diesen Adapter gekauft. An diesem habe ich alle nicht benötigten Kabel entfernt.
Die beiden Stecker des HP Netzteils habe ich einfach abgeknippst. Anschließend werden die Kabel 1:1 miteinander verlötet. Bei lila klappt das leider nicht. Das Mainboard benötigt zwingend die 12 Volt zum starten.
Abhilfe schafft ein Step-Up Wandler wie dieser, ebenfalls von Amazon.
Dieser braucht die 5 V VSB (lila) an „+ IN“, sowie Masse an „- IN“ und gibt 12 V an „+ OUT“ aus („- OUT“ könnt ihr an dieser Stelle vernachlässigen).
Achtung! Der Step-Up Wandler muss erst auf 12 Volt eingestellt werden. Dazu messt ihr die Spannung am Ausgang und dreht an dem kleinen blauen Poti bis euer Messgerät 12 Volt anzeigt.
Übrig bleiben nun noch die Adern weiß und weiß/rot.
Der Rechner lässt sich so jetzt schonmal starten, zeigt aber beim booten einen Fehler, dass der Netzteillüfter fehlerhaft sei. Diesen kann man nun jedes mal bestätigen oder man verbindet das weiße Kabel mit dem Tacho eines anderen Lüfters im Gehäuse. Ich habe dazu ein Stück Lochrasterplatine benutzt um gleich mehrere Lüfter zusätzlich anzuschließen. Damit diese etwas leiser werden kommt noch ein Spannungswandler „L7809“ zum Einsatz der die Anliegenden 12 Volt auf 9 Volt reduziert.
Das Ganze noch isolieren, damit es zu keinem Kurzschluss kommen kann.
Anbei noch ein Hinweis: Die Anschlüsse sind wohl bei vielen HP PCs (besonders mit SFF) Standard, aber oft unterschiedlich belegt. Dies ist mir auch bei einem sehr ähnlichen HP Compaq Pro 8200 Elite SFF aufgefallen. Weiterhin sind auch diverse HP Workstations wie das Z220 oder Z230 betroffen. Auch für diese werden im Netz diverse Adapter angeboten.
Phase 2 – Ein neues Gehäuse muss her (Konzept)
Um das Netzteil und die Grafikkarte sicher unterzubringen muss ein anderes Gehäuse her. Nur hat das Mainboard keinen (sonstigen)-ATX Standard und passt somit nicht in ein normales Gehäuse. Das Größte Problem dabei: Die Anschlüsse sind im Gegensatz zu einem normalen Mainboard gespiegelt angeordnet. Das heißt, die PCI Anschlüsse sind oben, die anderen Kommunikationsanschlüsse wie USB, Netzwerk oder PS2 sind unten.
Bleiben mir also folgende Möglichkeiten:
- Die ganze Hardware auf eine Holzplatte zu schrauben
- Alles in eine Pappkiste stecken
- Ein neues und schickes Gehäuse nach meinen Vorstellungen entwerfen
Da es natürlich etwas schicker werden sollte, entschied ich mich für Variante 3 und erstellte ein grobes Layout mit Sketchup. Ziel war ein kompaktes Gehäuse in Würfelform.
Die Außenmaße betragen 250 mm x 336 mm x 318 mm (B,H,T).
Holz schien mir dafür die beste Wahl, da es günstig ist und sich leicht bearbeiten lässt. Die Alternative „Aluprofil“ habe ich recht schnell wieder verworfen.
Wie auf den Bildern zu sehen wird die Hardware auf 2 Ebenen untergebracht. Oben das Mainboard mit allen Komponenten sowie 2 Lüfter für ausreichenden Airflow. An der Vorderseite findet außerdem das Frontpanel mit 4 USB Ports, 2x Klinke sowie dem Anschalter Platz.
In der Unteren Ebene beansprucht Das Netzteil den meißten Platz. Vor allem das Kabelvolumen sollte hier nicht unterschätzt werden. Im vorderen Bereich befinden sich der DVD-Brenner, die Festplatten sowie ein weiterer Lüfter. Frischluft wird jeweils beim Netzteil und vor den Festplatten von unten angesaugt, die Abwärme nach hinten ausgegeben.
Phase 3 – Ein neues Gehäuse muss her (Fertigung)
Im Baumarkt gab es günstig Leimholzplatten. Ich habe mich für Kiefer entschieden, Fichte war nicht in passenden Größen erhältlich.
Für den Würfel brauchte ich:
Ein Brett mit den Maßen 250 x 800 x 18 für:
- 250 x 336 (Vorn)
- 250 x 300 (Oben)
und eins mit 300 x 1400 x 18 für:
- 2 St. 300 x 318 (Seite)
- 2 St. 300 x 214 (Hinten und Unten)
- 282 x 230 (Mitte) alternativ 282 x 214
Das Mittelbrett ist bewusst etwas breiter. Die Seitenteile haben dafür eine Nut, da zuerst geplant war, die gesamte Platte mit Mainboard herausziehen zu können. Wer das nicht möchte nimmt einfach die alternativen 282 x 214.
Wo ihr nun welche Ausschnitte macht bleibt euch überlassen. Ich habe mich dabei so gut wie immer an mein Sketchup Layout gehalten. Den Download dazu findet Ihr ganz unten in diesem Artikel.
Die meisten Schnitte lassen sich gut mit einer Kreissäge machen. An den komplizierten Stellen macht sich eine Stichsäge ganz gut. Wer Wert auf ein perfektes Ergebnis legt sollte auch mit der Oberfräse arbeiten. In Verbindung mit einem Fräßtisch sind exakte Ergebnisse möglich.
Nachdem alle Teile fertig sind könnt Ihr den Würfel schonmal zusammenbauen. Ich habe auf Leim verzichtet und nur geschraubt. Es solltet nun unbedingt geprüft werden, ob eure Hardware in den Würfel passt. Hier und da ist sicher noch etwas zu schleifen oder anzupassen.
Erst während des Baus habe ich mir Gedanken über die Zugangsmöglichkeit zur Hardware gemacht. Letztendlich habe ich mich entschieden die linke und obere Platte per Winkel miteinander zu verbinden. Durch die Nut im Seitenteil ergibt sich nun ein weiterer positiver Effekt. Um das Gehäuse später zu öffnen muss der Deckel nach links gedrückt werden. Erst dann kann man ihn nach oben abnehmen. Um zufälliges öffnen zu verhindern habe ich kleine Plastikclipse verschraubt. Der Deckel rastet also beim schließen ein und kann nur mit etwas Kraftaufwand geöffnen werden.
Nun wurde geprüft ob alles passt und alle zusätzlichen Bohrungen und Aussparungen gemacht wurden. Dannach wurde er wieder auseinander gebaut und die Flächen geschliffen und gestrichen. Ich habe mich für dieses schwarz von Ikea entschieden. Wer die Holzoptik mag und gut gearbeitet hat, kann es auch einfach Ölen oder anderweitig versiegeln.
Leider habe ich die Zwischenschritte nicht dokumentiert und so bleiben mir nur Fotos des fertigen Würfels.
Phase 4 – zusätzliche Komponenten
Damit die Hardware sicher im neuen Gehäuse verstaut ist muss sie natürlich irgendwie befestigt werden. Ich habe dafür mit Sketchup einen Festplattenkäfig, Lüftergitter und diverse Halterungen entworfen. Im Anschluss wurden diese auf einem 3D-Drucker aus PLA gedruckt. Die Projektdateien dazu findet Ihr wieder ganz unten.
Festplattenkäfig
Wie Ihr seht, bietet er Platz für zwei 3,5 Zoll Festplatten sowie eine 2,5 Zoll Festplatte im Einbaurahmen. Diese können entweder nur eingeklickt oder zusätzlich geschraubt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit einen 92 mm Lüfter auf der rechten Seite anzuschrauben. Der Käfig wird natürlich nicht im Ganzen gedruckt sondern besteht aus einzelnen Komponenten die ineinander gesteckt werden. Wer der Verbindung nicht traut kann natürlich auch Leim benutzen.
Lüftergitter
Das einzigste Gitter das ich selbst erstellt habe ist das hinten neben dem Netzteil.
Die anderen habe ich aus meiner Wühlkiste. Das obere hintere ist ein Standard-Gitter aus Metall. Aber das für vorn ist aus Kuststoff und sieht etwas schicker aus. Um die Optik nicht zu zerstören, hätte ich mir ohne diesem eine Alternative zum Frontlüfter gesucht.
DVD-Laufwerk
Um das Laufwerk unter dem Mittelbrett zu befestigen habe ich mir kleine Winkel gedruckt.
Front Panel
Hier habe ich wieder in meiner Wühlkiste gekramt und einen Schalter gesucht. Da nichts so recht passen wollte, musste ich wieder etwas eigenes Entwickeln.
Das Ergebnis findet Ihr wieder in den Projektdateien. Wer den Würfel nachbauen möchte muss sich hier etwas eigenes überlegen. Als Alternative hätte ich einen dieser vandalismussicheren Taster benutzt.
Die Baugruppe mit den USB-Ports und Klinkenanschlüssen musste auch unbedingt mit an Bord. Dazu waren so gut wie keine Anpassungen nötig, da es in etwa genau so tief ist wie das Brett. Also einfach aussägen und ins Holz stecken. Der Optik halber habe ich trotzdem noch eine Blende gedruckt um die Stege zwischen den Ports zu verstecken.
Phase 5 – Endmontage
Zum Schluss wird der Würfel fertig montiert und die Hardware untergebracht. Zuerst wird das DVD Laufwerk unter das Mittelbrett geschraubt. Anschließend der Festplattenkäfig auf die Bodenplatte. Erst dann werden die Holzteile miteinander verschraubt. Sonst wird es später schwierig da heran zu kommen. Im nächsten Schritt sollte auch das Netzteil seinen Platz finden. Durch die vielen Kabel wird es nun ganz schön eng. Dannach wird das Mainboard verbaut. Zum Schluss die Lüfter. Idealerweise sollte man vorher schon mal alle Komponenten einzeln montiert haben. Dann muss man nur die Löcher wiederfinden.
Hinweis:
Für meine Projekte benutze ich die Software Sketchup. Diese kann kostenlos auf der Entwicklerseite heruntergeladen werden.
Sketchup Download